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Von der Kunst König und Königin zu sein

Die Königin ist tot – Lang lebe der König! Kaum eine und einer kann sich in diesen Tagen den Pressemitteilungen zum Tod der englischen Queen Elisabeth II. (21. 4.1926 – 8. 9. 2022) entziehen. Irgendwie war sie immer da, gab es sie immer. Nun ist die 96-Jährige friedlich gegangen und hinterlässt eine Ära, deren Spanne nur noch wenige Menschen erlebt haben. Wie auch immer man als heutiger moderner Mensch zu den noch existierenden Königshäusern steht, entziehen kann sich doch kaum einer der Faszination, die noch immer von ihnen ausgeht. Allein in Europa gibt es noch 12 Monarchien, weltweit sind es sogar 33 Königreiche[1].

Warum ist das heute (noch) so?

Mit dem Tod der englischen Queen wird natürlich auch wieder das Für und Wider einer Monarchie diskutiert. Sie sei nicht mehr zeitgemäß, zu kostspielig, die Kolonialpolitik werde nicht aufgearbeitet, Reparationen müssen bezahlt werden u.v.m. Gleichzeitig sehen wir bewegte Szenen, emotional bewegte Menschenmengen am Straßenrand und vor den Bildschirmen, und das nicht nur in Großbritannien. Der Hoffnungsträger der britischen Nation heißt nun König Charles der II. Sein Sohn und Erbe William wird wohl der heimliche Favorit der v.a. jüngeren Generation sein.



[1] https://royalpedia.fandom.com/de/wiki/Liste_der_gegenwaertigen_Monarchien

Was fasziniert die Menschen an den Königshäusern?

Rein äußerlich gesehen ist es vielleicht v.a. der Glanz und das prächtige Auftreten der (meist) schönen Damen und Herren. In zahlreichen Gazetten werden ihre Auftritte abgebildet; damit gehören sie Seite an Seite mit Schauspielern, Künstlern und Politikern [1] zur Welt der Kultur und der Kunst. Der Glanz und die schillernde bunte Welt der Royal Family mag den ein oder die andere ein wenig aus dem eigenen tristen grauen Alltag heben und diesen gar für einige Stunden vergessen lassen.

Doch ist es wirklich allein das äußere Geschehen, der Prunk und Glanz, welche uns so fasziniert sein lassen und ganze Nationen in Begeisterung versetzen?

Fragen wir uns doch einmal: Was ist ein König, eine Königin überhaupt? Was ist ihr bzw. seine Aufgabe in ihrem und seinem Reich? Was macht einen König, eine Königin, aus?

Dazu aus https://de.wikipedia.org/wiki/Koenig:

König oder weiblich Königin ist die Amtsbezeichnung für den höchsten monarchischen Würdenträger in der Rangfolge eines souveränen Staates. Im Europa des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit war der König in der Regel höchster Souverän seines Landes: Oberhaupt der Regierung, oberster Richter und Gesetzgeber in einer Person. Darüber hinaus nahm er in manchen Staaten – beispielsweise in England und später im Vereinigten Königreich – die Funktion eines geistlichen Oberhaupts wahr. In modernen Monarchien ist der König meist Staatsoberhaupt mit ausschließlich repräsentativen und zeremoniellen Aufgaben. Die Anrede eines Königs ist „Majestät“.

 

Mit diesem Text wird klar, dass in all den Äonen von Zeiten der hinter uns liegende Geschichte des Menschen, von den Anfängen bis heute, die Aufgaben und die Macht der Könige und Königinnen im Abnehmen begriffen ist. Doch noch heute wird die Krönungszeremonie eines Königs von geistlichen Priestern ausgeführt, d.h. also auch heute noch wird er gewissermaßen zum „König von Gottes Gnaden“ eingesetzt.



[1] Ich beschränke mich aus Gründen der Leseflüssigkeit auf die männliche Schreibweise. Die weiblichen Personen sind darin natürlich immer und gleichwertig mitenthalten.


Ist womöglich dieses „von Gottes Gnaden“ der Grund, dass wir uns auch heute noch Könige und Königinnen „leisten“? Vielleicht gerade auch deshalb, weil diese geistlich gesalbten königlichen Häupter nicht mehr wie unsere weltlichen politischen Staatsoberhäupter in der Pflicht des Führens und Entscheidens für ein Volk stehen, sondern nur rein repräsentative Aufgaben haben?


Steckt hinter all dem unser (teils heimlicher, teils offener) Wunsch oder eine Idealvorstellung nach einem/ einer Person, die weise, gerecht sowie frei von selbstsüchtigen Ansprüchen für das große Ganze, für Wohlstand der Gemeinschaft in der wir leben, steht?


Verbinden wir „weise und gerecht sein, richtige Entscheidungen fällen und das Gesellschaftsleben regeln“ nicht doch eher mit überirdischen Mächten ausgestatteten Personen und weniger mit weltlichen Personen, die unweigerlich fehlen und scheitern müssen?

 

Könnte auch die Sehnsucht nach Verantwortung abgeben und auf eine Person übertragen, die „es schon richten und entscheiden“ werde, ein Grund sein für die Existenz von „Königen“ alias „mächtigen und Stärke ausstrahlenden Personen“? Schauen wir uns heute in unserer politischen Landschaft um, so wird die geneigte Leserschaft mir sicherlich ein wenig ihre Zustimmung zu diesen Gedanken schenken.

 

Und last but not least seien wir mal ehrlich: Ein König oder eine Königin in Robe und mit Krone macht schon was fürs Auge und das Gemüt her, wenn sie oder er das Land repräsentiert. Ein Kanzler oder eine Kanzlerin in grauem Frack macht daneben eine eher unbedeutende Figur. Wohl deshalb setzen auch wir in Deutschland zu offiziellen Anlässen noch etwas Pomp ein wie z.B. rote Teppiche, ein repräsentatives Schloss Bellevue oder Herrenchiemsee, Fanfarenklänge und ein in Festuniform auftretendes Militär.

An all dem, was ich bisher angedacht und angefragt habe, ist sicherlich etwas dran und man wird wohl auch noch viele Argumente mehr finden können.

 

Mit Blick auf die Märchen und deren Berichte über Könige und Königinnen steckt meiner Ansicht nach in der Amtseinsetzung des Königs “von Gottes Gnaden“, also in der Demonstration der Verbindung des Königs zu einer geistigen Instanz, das interessanteste Potential dafür, weshalb wir auch heute noch Könige und Königinnen haben. Der Auftritt von Königen und Königinnen rührt etwas in uns an, was jenseits unserer Vernunft zu fassen ist und tief in unserem Unbewussten schlummert: Es ist der Archetyp des Königs bzw. der Königin. Er ist von geistiger Natur und kann darum auf unser Unbewusstes direkt einwirken.


Was ist ein Archetyp?

Das tiefenpsychologische Konzept der Archetypen geht auf den Schweizer Psychiater und Psychologen Carl Gustav Jung (1875-1961) zurück, der die Analytische Psychologie gründete. Es ist ein offenes Konzept, das keine exklusiven Definitionen von Archetypen und keine bestimmte Anzahl derselben enthält. Ein Archetyp als solcher ist unbewusst und in seiner Wirkung aber u. a. in symbolischen Bildern erfahrbar, wie beispielsweise in Träumen, Visionen, Psychosen, künstlerischen Werken, Märchen und Mythen[1]. Archetypen stehen demnach für universale Urbilder oder Urfiguren, die mit bestimmten Emotionen, Eigenschaften und Zielen verbunden werden.



[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Archetyp_(Psychologie)


Der Archetyp des Königs, ein Symbol des Selbst

Um zu ergründen, warum König und Königinnen uns Menschen auf unbewusster und emotionaler Ebene nach wie vor berühren, müssen wir in die Bildsprache und Symbolwelten der Märchen eintauchen.
C.G. Jung zufolge kann man an Märchen die vergleichende Anatomie der Psyche des Menschen studieren: Märchen bieten uns quasi eine Art „Grundmuster der Psyche“, sind so etwas wie „Mustervorlagen“ allgemeinster und zugleich grundlegendster menschlicher Strukturen.
Der König wird von C.G. Jung als Herrscher des kollektiven Bewusstseins dargestellt, als ein Symbol des Selbst, das innerhalb einer Gemeinschaft sichtbar und verehrt wurde.[1]
Es ist also das Symbol des Selbst, UNSERES Selbst, das der König bzw. die Königin in uns anrührt. Ergo: Tritt heute ein König oder eine Königin auf den Plan, werden wir in unserem Selbst davon angerührt, berührt. Mit anderen Worten: Unser inneres Königtum bzw. unsere ideale Vorstellung von der inneren Königin, dem inneren König in uns selbst, wird angeregt und geht emotional mit dem äußerlich sichtbaren König, den wir live oder auf dem Bildschirm sehen, in Resonanz.
Oder mit noch ganz anderen Worten: Jede und jeder von uns ist „König und Königin im eigenen Reich“ und hat den sehnlichsten Wunsch, dieses eigene Reich auch königlich und in Weisheit, mit Macht ausgestattet und in Würde zu be-herrschen.



[1] Marie v. Franz (1985): Der Schatten und das Böse im Märchen. München.


Ergebnisse meiner Umfrage auf Instagramm und Whatsapp

Dass in uns das Urbild, der Archetyp einer Königin und eines Königs verankert sind, zeigt auch das Ergebnis meiner kleinen Umfrage auf Instagramm und Whatsapp. Danke an dieser Stelle allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern fürs Mitmachen:

 

 

         1. Was bedeutet für Dich König/ Königin -Sein?

·         Verantwortung für Mutter Erde tragen und die Schöpfung schützen mit meinem Prunk

·         Über das eigene Leben bestimmen können. Freiheiten haben. Finanziell abgesichert sein.

·         Ganz in meiner Mitte sein, ausgeglichen, gelassen sein, nichts kann mich erschüttern. So meistere ich jede Herausforderung des Lebens.

·         Weise sein, freundlich, gebildet und entscheidungsfreudig sein. Königin sein ist eine Bürde, die nicht abzulehnen ist. Beratende sind lange Zeit bei mir.

·         Verantwortung tragen.

·         Souveränität und Überblick.

·         Königin sein bedeutet meinen Wert zu sehen, ebenso wie den aller Wesen um mich herum. Ich gestalte mein Reich. Ich achte auf meine Grenzen und achte die Grenzen anderer Königinnen und Könige. Mir ist Frieden in mir und um mich ein Anliegen. Ich agiere aus einem offenen, heilen, liebendem Herzen heraus.

·         Liebe Elke: Königin sein bedeutet für mich, dass ich mir meiner selbst bewusst bin und immer mehr MEIN LEBEN lebe. Mich in mir finden, mich lieben so wie ich bin und erkennen, wer ich WIRKLICH bin. Danke für Deine Frage.

·         König sein bedeutet für mich oberste Verantwortung haben für all diejenigen, die sich als „Untertanen“ positionieren.

 

          2. Als Königin/ König würde ich …

·         … meine Möglichkeiten für den Weltfrieden einsetzen.

·         … Kriege verbieten. Hab und Gut gerecht verteilen.

·         … Menschen ein gutes Auskommen verschaffen. Gerecht sein. Zeit mit mir selbst. Vielen Tieren ein würdevolles Leben z.B. auf einem en Gnadenhof bieten.

·         … selbst-bewusst handeln. Ich glaube, ohne Selbstbewusstsein kann man nicht königlich handeln. Dazu gehören Achtsamkeit, Güte und Liebe genauso wie Mut, Stärke, Klarheit, Konsequenz und Gerechtigkeit

·         Eine Teilnehmerin hat eine lange Liste mit sehr vielen sozialen Gesetzesänderungen und Erlassen zusammengeschrieben. Vielen Dank dafür, ich würde sehr gerne in diesem Reich leben wollen 😊

·         … versuchen, in meinem Reich Vielfältigkeit, Offenheit, Achtsamkeit und Authentizität zu fördern.

·         … freundlich und sanft sein zu mir und anderen. Klar sein. Verbindlich, mutig. Gütig und lebendig. Gelassenheit zeigen.

 

 

          3. Was ist Dein KönigInnen-Reich?

·         Mein Glaube und der Wald am Fluss

·         Meine Praxis

·         All das, wofür ich Verantwortung habe und tragen will. Da geht es auch erst einmal um mich selbst, um Selbstliebe, Achtsamkeit und Akzeptanz. Habe ich die nicht, kann ich auch nicht königlich über (m)ein Reich regieren und herrschen.

·         Expeerience, im Innen und Außen.

·         Das gilt es noch zu erforschen 😊

·         Der organisatorische, räumliche, emotionale Lebensraum und dessen gemeinsame gültige Regelungen des Zusammenlebens.

 

 


Märchen beschreiben innere Erfahrungen, Gefühle und Gedanken

Märchen sind sicherlich unbestritten DIE Experten im Beschreiben und gewissermaßen „Anleitung-Geben“ darin, wie „es geht“, König und Königin zu werden, und darum schauen wir uns „das Märchen“ einmal etwas genauer an.

Wer meint, dass Märchen „märchenhaft“ i.S.v. verklärend, irreal, illusorisch, fantastisch, Lug und Trug, ja gar gefährdend für eine gesunde Entwicklung seien, der irrt gewaltig. Nur wer ein Märchen in der Weise liest, als wäre es eine Beschreibung rein äußerlicher Dinge und Vorkommnisse, der muss unweigerlich zu solchen Annahmen gelangen. Wer jedoch gelernt hat, die Bildsprache und den Symbolgehalt der Märchen zu verstehen und zu deuten, der beginnt zu ahnen, welch große Weisheit und tiefes Wissen um unsere menschlichen Existenzweisen dahinterstecken. Erich Fromm schreibt in seinem Buch „Märchen, Mythen und Träume“[1]: Märchen bedienen sich einer Symbolsprache, in der innere Erfahrungen, Gefühle und Gedanken so ausgedrückt werden, als ob es sich um sinnliche Wahrnehmungen und Ereignisse in der Außenwelt handelte. Doch um ein Märchen zu verstehen oder interpretieren zu wollen, reicht es nicht aus, einfach nur das Wörterbuch der Symbole aufzuschlagen. Wichtig ist, das Symbol im gesamten Kontext eines Märchens zu betrachten und zu verstehen, so Fromm. Marie-Louise von Franz, Psychotherapeutin und Mitarbeiterin von C.G. Jung, geht sogar noch einen Schritt weiter als Erich Fromm und schreibt: Das Märchen ist sich selbst seine eigene beste Erklärung, d.h. die Bedeutung des Märchens ist in der Gesamtheit seiner Motive, die durch den Handlungsfaden miteinander verbunden sind, enthalten.[2]



[1] Fromm, Erich (2004): Märchen, Mythen, Träume.

[2] Marie-Louise von Franz (1986): Psychologische Märcheninterpretation.


Ein Dummling wird König

Hier möchte ich zuerst einmal die Begrifflichkeit „König“ in den Raum stellen, wie es die wunderbare Friedel Lenz[1] in ihrer kleinen Symbolübersicht am Ende ihres Buches „Bildsprache der Märchen“ beschreibt: König sein heißt: unumschränkte Herrschaft besitzen. Im Märchen deuten Beruf und Amt des Königs an, dass eine Höchststufe der inneren Entwicklung erreicht ist. (…) Im Wort „Selbstbeherrschung“ liegt das innere Königtum.

 

Jede und jeder von uns kennt diesen wunderbaren Seinszustand des „König und Königin im eigenen Reich Seins“: selbstbeherrscht, in der eigenen Mitte sein, gelassen, und aus diesem Zustand heraus „königlich“ gerecht, gütig, beherrscht, verantwortungsvoll, achtsam und liebevoll etc. zu handeln (siehe dazu auch die Ergebnisse aus meiner Umfrage oben). Ach wären wir doch alle nicht gerne immer so edel und königlich handelnd unterwegs in unseren Leben? Doch wie oft sind wir tatsächlich in diesem Modus, in so einer Haltung, unterwegs? Und wenn, wie lange halten wir dieses „König-Sein“ aus oder durch?

 

Ich denke, es wird beim Lesen verständlich, was ich versuche damit auszudrücken: Jeder Mensch kann „königlich sein und handeln“, doch muss er sich immer wieder um diesen Seinszustand aktiv und bewusst bemühen. Niemand bleibt ewig in so einem wunderbaren Zustand (das wäre auch höchst statisch, unbeweglich, starr und tot), jeder befindet sich mehr oder weniger dynamisch auf einer Achse zwischen zwei Polen (Gut-Böse, Gerecht-Ungerecht, Weise-Töricht usw.). Wie Friedel Lenz denke ich, dass Königsein die Höchststufe jedes Entwicklungsabschnittes, jeder Entwicklung des Menschseins überhaupt ist. Will heißen: In unserem Leben sind wir immer wieder einmal als Königinnen und Könige unterwegs, und immer wieder fallen wir auch wieder aus dieser Rolle heraus. Das ist menschlich. Nur darum, dass ich immer wieder aus dieser Rolle herausfalle und erneut nach meinem „Königtum strebe, findet überhaupt Entwicklung statt.
Im Märchen wird dieser oben beschriebene erstarrte Zustand bzw. dass etwas nicht mehr im Gleichgewicht ist in den Bildern des „alternden Königs“, der einen Nachfolger sucht, oder beispielsweise mit dem Tod der Königin, beschrieben. Zu Beginn des Märchens wird also von einem Ungleichgewicht erzählt. Dies führt in eine krisenhafte Situation, aus der heraus sich die Heldin oder der Helden bewegen muss, damit Entwicklung und Erlösung stattfindet. Um also wieder ins Gleichgewicht zu finden, will heißen, das Königtum zu erringen, beginnt nun die sogenannte Heldenreise, das Abenteuer auf dem Weg zu einem sich erneuernden Selbst (= Held/Heldin wird zu König/ Königin).

 

Ergänzend dazu noch ein Gedanke, den der Neurobiologe Gerald Hüther folgendermaßen formuliert: Jeder Mensch kommt bereits mit all seinen Potentialen auf die Welt, er oder sie muss diese im Laufe seines Lebens „einfach nur“ entfalten. Doch damit fängt schon das menschliche Dilemma an und so manches Potential bleibt gar brach liegen, kommt im Laufe des Lebens ganz zum Erliegen oder gar nicht erst zur Entfaltung.

 

Mit märchenhaften Worten gesagt: Der Mensch bringt bereits mit der Geburt alle Anlagen zum Königin- und Königsein auf die Welt mit, vergisst dies jedoch und/oder verliert im Laufe seines Lebens häufig sein Königreich. Im besten Fall erringt er während seiner Reise durchs Leben über Erfahrungen, Scheitern und Lernen sein neues, schönes, reiches Königreich, will heißen, erreicht seine Wünsche, Ziele und Lebensträume, deren Anlagen er auf diese Welt mitgebracht hat.

 

Dass der Mensch alles, was er braucht, damit sein Leben gelingen kann, schon zu Beginn seines Lebens mit auf die Welt bringt, klingt auf geheimnisvolle Weise im Märchen in folgende Formulierung an: Der jüngste Sohn aber „sprach nicht viel, war ein-fältig und hieß nur der Dummling. Im weiteren Verlauf beschreibt das Märchen die Entfaltung oder Entwickelung dieses Dummling. Die Entfaltung seines inneren Potentials wird bildhaft als in einen Kokon umwickelte Taube beschrieben (siehe dazu „Die weiße Taube“, Märchen der Brüder Grimm).



[1] Friedel Lenz (1971): Bildsprache der Märchen.


Zusammenfassung

Wenn der König seine Krone verliert, entsteht ein Ungleichgewicht. Der König und sein Königreich sind geschwächt, d.h. das Ich bleibt stecken oder schwankt hin und her und wird ungerecht. Es entsteht ein Ungleichgewicht, was sich im Märchen bildhaft in Form von Verrat, Untreue oder auch Mord ausdrücken kann. Wenn der Held die Krone erhält, ist eine neue Einheit entstanden.

 

König und Königin sein bedeutet: Selbst-Beherrscht und aus der eigenen Mitte heraus in Verantwortung das eigene Leben „regieren“, d.h. es leben und meistern. Es bedeutet, das eigene Potential optimal zu entfalten und damit in der Welt (selbst-) verantwortlich zum Wohle für sich und andere zu wirken. In den Antworten aus meiner Umfrage zum Thema, was man denn als König oder Königin tun würde, können wir sehr schön ablesen, dass wir alle eine genaue Vorstellung davon haben, wie wir als Königinnen und Könige handeln wollen (siehe oben). Alle Menschen wollen das Beste in der ganzen Welt- wirklich alle! Doch immer wieder scheitern wir, geraten in Zwiste und Konflikte und führen Kriege im Kleinen wie im Großen.


Warum wir vielleicht doch (noch) Könige und Königinnen brauchen

Wenn wir in diesen Tagen Anteil nehmen am Begräbnis einer englischen Königin und von den Bildern und Szenen angerührt werden, dann wird tief in unserem Inneren der Archetyp des Königinnen- und König-seins angerührt und die damit verbundenen Vorstellungen, Gefühle und Gedanken (siehe Umfrage). Vielleicht haben wir aus diesem Grund auch in der heutigen Welt noch Könige und Königinnen, die gleich Symbolen und mit ihrem Glanz daran erinnern sollen: Wir alle tragen den königlichen Ursprung in uns. Und sie erinnern uns auch daran, dass wir um dieses höchste und beste Gut in uns immer wieder ringen müssen, sonst schläft es ein und gerät in Vergessenheit.


Und um es mit den Worten Khalil Gibrans zu sagen:

 

Erst wenn der Verstand König und Königin und das Herz Priester und Priesterin ist,
wird diese Welt gesunden.

Ich freue mich über Deine Kommentare und Gedanken dazu :-)

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